Von Aschenputtel und Unternehmerin
Wer zum 11. BCW-Infotag für Frauen unter dem Motto „Selbstanalyse und Selbst-MARKE-ting“ am vergangenen Samstag im Schulungszentrum in der Herkulesstraße zu spät kam, hatte kaum Chancen auf einen freien Platz. Denn mit 150 Teilnehmerinnen war es voll im Hörsaal. „Wir sind mit der Resonanz sehr zufrieden, die Rückmeldungen waren durchweg positiv – das zeigt uns, dass ein Essener Fraueninfotag gebraucht wird“, sagte Prof. Dr. Anja Seng, Rektoratsbeauftragte für Diversity Management an der FOM Hochschule.
Um die Zuhörerinnen gleich in die richtige Stimmung zu versetzen, zitierte Prof. Seng in ihrer Begrüßung eine Studie zur Frauenquote, die sie unter 760 berufsbegleitend Studierenden durchgeführt hat. Demnach lehnen ca. 65 Prozent der Befragten die Einführung einer Quote ab. „Allerdings nur rund 47 Prozent der weiblichen Studierenden, unter den männlichen Kommilitonen sind es über 93 Prozent, die gegen eine Quote sind. Deshalb ist es wichtig festzuhalten, dass die Wahrnehmung zum Thema Karriere sehr unterschiedlich ist“, betonte Seng.
Den unterhaltsamsten Vortrag hielt Persönlichkeitscoach Obiageli Iszabella Njoku. Unter dem Titel „Aschenputtel oder Unternehmerin“ berichtete Njoku von ihren persönlichen Erfahrungen als „Mädchen mit Hauptschulabschluss und Migrationshintergrund“, wie sie betonte. „Mein Professor hat mich gefördert und obwohl ich immer eine Fünf in Mathe hatte, bin ich heute selbst Dozentin“, sagte Njoku. „All das geht nur, wenn wir mobil sind in unserer Denkweise und offen für neue, auch ungewöhnliche Wege.“ Der Clou an Njokus Vortrag: Eine Kollegin und Künstlerin zeichnete die Folien zu Njokus Thesen „live“ mit. Ihren Zuhörerinnen gab sie mit auf den Weg: „Eine starke Persönlichkeit hängt von vielen Faktoren ab: Masterplan aufstellen, mobil bleiben, ein gutes Netzwerk aufbauen und sich selbst besser kennenlernen – raus aus der Komfortzone.“
Als dann Karriereberaterin Christina Kock die Bühne betrat, wurde es nochmal laut – denn gleich zu Beginn forderte Kock die Damen auf, an einem kleinen Experiment teilzunehmen: Sie sollten ihrer Nachbarin in jeweils nur einer Minute ihre Stärken und ihren aktuellen Job schildern. Gar nicht so einfach, viele Teilnehmerinnen kamen ins Straucheln. „Ich wusste gar nicht, womit ich anfangen soll“, merkte eine junge Frau an. Kock betonte, wie wichtig es gerade für Frauen ist, statt eines guten Image lieber eine eigene Marke aufzubauen, sich selbstbewusst mit den eigenen Leistungen zu präsentieren und für die eigenen Talente „bekannt“ zu sein. „Das geht über Kommunikation – sprechen sie also über ihre Arbeit und laufende Projekte, bei jeder Gelegenheit, fleißige Biene allein reicht nicht“, betonte Kock.
Historisch wurde es zum Abschluss: Dr. Monika Anders, Präsidentin des Landgerichts Essen, lieferte einen „Erfahrungsbericht Justiz und Karriere“. Dabei skizzierte sie ihren eigenen Werdegang und zeichnete die Geschichte der Juristinnen, insbesondere der Justizjuristinnen, in den vergangenen 100 Jahren nach. Dr. Anders betonte, dass es zwar immer mehr Frauen in dieser noch von Männern dominierten Berufssparte gibt, dennoch aber mehr Frauen den Weg in die Justiz wagen sollten. Beim abschließenden Get-together konnten offene Fragen noch geklärt werden – und das in den Vorträgen oft betonte „Networking“ gleich in die Tat umgesetzt werden. „Damit steht auch einem Essener Frauentag 2014 nichts im Weg“, sagt Prof. Seng nach der Veranstaltung.